
Man kann ja über Lothar Matthäus sagen, was man will. Durch seine komischen Frauen, diverse Boulevard-Geschichten und die ständige Trainerjob-Anbiederei ist Glanz und Gloria der Vergangenheit leider etwas verschütt gegangen. Aber mögen noch so viele Frauen oder kuriose Arbeitsplätze hinzu kommen, eines wird man Lothar Matthäus niemals nehmen können: Den Titel als ehemaliger »Weltfußballer des Jahres«.
»Weltfußballer« – das klingt nach Prunk und Halleluja und Pauken und Trompeten. Der höchste Titel, den im sorgfältig als Mannschaftssport gepflegten Mannschaftssport Fußball ein Einzelsportler erlangen kann. Mehr geht im Sport eigentlich nicht. Außer vielleicht der schnellste Mann der Welt zu sein. Aber wer interessiert sich schon für einen ehemaligen Rekordhalter?
Zico, Platini, Gullit, van Basten
Matthäus hat es gleich zweimal geschafft: 1990 und 1991. 1991 machte sich die FIFA die Wahl ihres besten Kickers zu Eigen, zuvor hatte die IFFHS (»International Federation of Football History & Statistics«) gemeinsam mit Adidas den weltbesten Fußballer gekürt. Der Italiener Paolo Rossi machte 1982 den Anfang, es folgten Zico, Platini, Maradona, Gullit, van Basten und eben der frisch gebackene Weltmeister Matthäus. Weltmeister und Weltfußballer – mehr Welt geht nicht. Von wegen. Weil Matthäus scheinbar noch nicht genug geehrt wurde, ernannte man ihn im deutschen Wende-Jahr 1990 gleich noch zum »Weltsportler des Jahres«. Mit vor Welteroberer-Stolz geschwellter Brust nahm der Mittelfeldmann von Inter Mailand auch diese Auszeichnung entgegen. Andere Zeiten, andere Titten, äh, Titel.
Und dann? Die Post-Lothar-Zeit sieht für den deutschen Fußball, zumindest in der Welt der »Weltfußballer«-Gilde, ziemlich trübe aus. Seit 1991 finden sich auf der Siegerliste nur Balltreter aus solch merkwürdigen Ländern wie Italien, Frankreich oder Brasilien wieder. Selbst Liberia sahnte einmal ab. 1995 war das und der strahlende Sieger hieß George Weah und war der erste afrikanische »Weltfußballer« der (Welt-)Geschichte. Letzter Gewinner des Glanz&Gloria-Preises: Lionel Messi aus Argentinien. Ein würdiger Titelträger.
Für die kommende Ehrung am 10. Januar 2011 sind nun die Kandidaten bekannt gegeben worden. Und siehe da: Nach dem erfrischenden Auftritt der deutschen Nationalmannschaft bei der WM in Südafrika stehen gleich fünf DFB-Fußballer zur Wahl. Nur Spanien hat mehr Kandidaten zu bieten (nämlich sieben). Wie groß die Chancen von Miroslav Klose, Thomas Müller, Bastian Schweinsteiger, Philipp Lahm und Mesut Özil sind, kann man nur schwer einschätzen. Vermutlich werden sich standesgemäß Cristiano Ronaldo (Sieger 2008) und Vorjahressieger Lionel Messi um den blank gewienerten Pokal streiten. Die »Bild«-Zeitung hofft dennoch forsch und fragt: »Wird Özil auch Weltfußballer?«. Bescheidener ist da schon die »Süddeutsche Zeitung«: »Geheimtipp Schweinsteiger«. Vermutlich wird es bei dem Geheimtipp bleiben (und Schweinsteiger wäre dann so etwas wie die Elfenbeinküste). Vermutlich reicht es auch in diesem Jahr nicht zum ganz großen Durchbruch für den deutschen Fußball. Dabei würde sich das fußballverrückte Volk so gerne im Ruhmesglanz eines ausgezeichneten »Weltfußballers« sonnen und wärmen. Bei Matthäus war das damals etwas schwierig: Der spielte bei Inter Mailand und erwärmte die glücklichen Tifosi, der frisch wieder zusammen gebappte deutsche Staat musste frieren.
Verdammter Beckenbauer!
Dabei hatten wir doch alle damals auf die weisen Worte des klugen Teamchefs Franz Beckenbauer vertraut, der so überzeugend klang, als er sagte: »Deutschland wird auf Jahre hinaus unschlagbar sein!« Und was passierte? 1992 hatte Deutschland seinen Titel schon wieder verloren. »Weltfußballer des Jahres« wurde Marco van Basten. Ein Holländer. Verdammter Beckenbauer!
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